Eingelocht. Gleich mit ihrer ersten Videoarbeit „Hole in One“ erzielte Verena
Friedrich einen beachtlichen Erfolg, teilt sie sich doch mit Wolfgang Maass
den Hauptpreis für Installation beim Internationalen Medienkunstpreis. Dabei
ist das Thema ihrer eingereichten Arbeit gerade nicht die Zielstrebigkeit und
Stringenz, mit der sie nun beim vom ZKM und SWR zusammen
ausgerichteten Wettbewerb siegte. Denn „Hole in one“ macht jene
Nebenwege zum Thema, vor denen man sich bei logischen Prozessen
angeblich hüten soll. Denn um „Denkbilder – von den Vorstellungsbildern zur
Gehirnforschung“ ging es beim 2004 ausgeschriebenen Wettbewerb.
Die Handlungsanordnung bei „Hole in One“ ist eindeutig. Der Ball soll ins
Loch. Noch rollt er zielstrebig auf einer stilisierten Minigolfbahn auf dieses zu,
es kann sich nur noch um Sekunden handeln, doch dann beginnt die Bahn
plötzlich zu kippen, sie biegt unerwartet ab oder das Loch verschluckt alles.
Von Stringenz und Folgerichtigkeit keine Spur.
In 24 Einzelszenen, die auf drei Monitoren alinear gezeigt werden, spielt die
1981 geborene Verena Friedrich vor, was beim Denken so alles schief gehen
kann und löst dieses doch auf kreative Weise ein. Man kann ihre Arbeit, die
auch als einzelnes Video funktioniert, durchaus als ironischen Kommentar
zum vermeintlichen logischen Denken der Naturwissenschaft lesen. Oder als
Bebilderung und Legitimation von Nebenwegen, die wir alle gerne
einschlagen, das lässt die junge Künstlerin offen.
Bilder für innere Prozesse
Dass ihre Arbeit ausgesprochen graphisch wirkt – sie konzentriert sich ganz
auf den Ball und die auf einen Umriss beschränkte Bahn, ist kein Zufall.
Studiert Verena Friedrich doch seit 2001 an der Hochschule für Gestaltung
Offenbach Visuelle Kommunikation. In diesem Semester hat es sie nach
Wien an den Lehrstuhl von Peter Kogler gezogen. Ein Schwerpunkt ihres
Interesses liegt auf der Typographie, so hat sie während ihres Studiums
mehrere Schrifttypen entworfen. „Warmachine“ setzte sich so aus den
stilisierten Silhouetten von Waffen, Bomben und Flugzeugen zusammen.
Und auch ihr Buchprojekt zu Thomas Bernhards Erzählung „Die Mütze“
verbindet Illustratives mit Schriftzügen, indem sie die Düsternis der
Landschaft, die Isolation des Protagonisten in den verschneiten Bergen und
seine zunehmende Verwirrung einerseits durch den Schwarz-Weiß-Kontrast
und andererseits durch das auffällig längliche Format aufgreift.
Bislang hat Verena Friedrich das Thema Wissenschaft jedoch nicht immer so
abstrakt wie in „Hole in One“ aufgegriffen. So ergänzte „Hingabe. Ein
fotografischer Exkurs ins Schlaflabor“ – bei dem sie den Körper als
Lieferanten von Daten porträtierte – zwingend ihr Buchprojekt „Schlaf“. Denn
der wissenschaftliche Aspekt blieb bei diesem Buchobjekt außen vor, das
aufgezeichnete Träume und Fotografien von Schlafenden vereinte. Innen
und Außen des Schlafes und des Traumes ergeben hier keine Kongruenz.
Ein Charakteristikum von Friedrichs Vorgehensweise ist die überraschende
Verbindung scheinbarer Gegensätze. So näherte sie sich ausgerechnet von
der Seite des schönen Scheins hat sich der wissenschaftlichen
Darstellungsweisen. Während eines mehrwöchigen Seminars zum Thema
Mode entstand ihre Arbeit „Fadeaway“, die nur auf den ersten Blick einem
kleidsamen Kasack ähnelt. Schaut man sich das bunte Muster des Oberteils
genauer an, entdeckt man nicht wie erwartet Blumen, sondern
Blutkörperchen und Thrombozyten. Sieht man sich diese nicht unter
ästhetischen, sondern medizinischen Aspekten an, muss man konstatieren,
dass der betreffende Mensch im Sterben liegt. Der Titel „Fadeaway“ ist also
ganz wörtlich zunehmen und das Kleid ein Totenhemd, das den inneren
Zustand eines Menschen nach außen trägt.

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